Die Geschichte einer Frau, die keine Frau sein wollte |
Kurze Haare, breite Schultern, muskulöser Körper,![]() behaarte Beine, behaarte Brust. Die Stimme ist tief und sonor. Ein ganz normaler Mann. Eigentlich. Nur dass Ulrich Weiß (Namegeändert) früher Ulrike hieß. Das Kind, das so gern ein Junge wäre„Mit vier Jahren war der Wunsch, lieber ein Junge zu sein, zum ersten Mal da“, erzählt Ulrich. Doch im Vergleich zu heute waren es kleine Probleme, die Ulrike damals umtrieben: “ Wenn ich auf die Toilette musste, musste ich immer da rein, wo`s Röckle hing. Aber da wollte ich nicht rein. Ich wollte zu den Buben.“ Ulrike wollte nicht mit den Röckle in Verbindung gebracht werden. Sie wollte auch keine Kleider anziehen: “ Ich hasste Lackschühchen, Rüschen und die Farbe Rosa.“ Damals hatten die Mädchen immer rosa Handtücher, aber „ich wollte ein himmelblaue“. Das Mädchen, das wie ein Junge istDann die Pubertät und mit ihr die Zeit der Brüste. Bei Ulrike allerdings viel später als bei anderen Mädchen: „Ich habe mich innerlich gegen alles Weibliche gewehrt.“ So lange es ging, lief Ulrike oben ohne rum: „Mir habe die Bikinis nie gefallen Ich fand Badehosen viel schöner.“ Die Frau, die nicht weiß, wer sie istDen “ ersten Typ“ hatte Ulrike mit 19. “ Der hat mich aber nur benutzt. Und ich konnte dieses Männerdenken einfach nicht verstehen.“ Die Folge: Männerkonsum. “ Ich dachte immer, da muss doch mal einer kommen.“ Er kam nicht. Dafür die erste Frau: “ Da habe ich mich besser aufgehoben gefühlt. Frauen können besser zuhören. Und, ich konnte die Männerrolle übernehmen.“ Aber egal. Wie männlich sie sich auch verhielt, sie war eben doch immer eine Frau. Mit 28 Jahren las sie in der „Emma“ einen Bericht über Transidität.“ Da haben sie lauter so Trümmer-Transen vorgestellt. Ich habe mich mit denen verglichen und gedacht, Scheiße, das bist du auch nicht! Was bist du dann?“ Die Frau, die als Mann auftrittBevor Ulli jedoch die Anträge zur Vornamens – und Personenstandsänderung stellte, wollte sie den Alltagstest machen: Das ist zwar keine Pflicht, aber ich wollte das machen, um zu reifen, um mich zu prüfen, um mich mit meiner neuen Identität anzufreunden.“ Alltagstest will heißen: Ab sofort trat Ulrike – noch mit weiblichem Körper und weiblichen Gesichtszügen – nur noch als Mann auf. Ließ sich mit Herr Weiß und Ulrich anreden. Die Frau, die zum Mann wirdDann die Operationen, die übrigens die Krankenkasse bezahlt: „Ich hatte die Wahl. Erst die Brust oder erst die Gebärmutter. Aber für mich ar klar. Zuerst müssen die Titten weg. Ich nannte Brüste bei mir Titten, weil ich sie hasste.“ Die Arztwahl war das Schwierigste: „Da gibt es richtige Verbrecher. Du bist eine Subkultur. Die wollen an Dir nur Geld verdienen.“ Deswegen hat er die Ärzte persönlich aufgesucht, sich dann für eine OP-Methode entschieden. Einerseits gibt es die schnelle billigere Methode. Es entstehen Narben, das Gefühl in den Brustwarzen ist weg. Also der Entschluss für die aufwendigere OP: Die Brustwarzen werden geteilt. Das Fettgewebe wird mit den Händen herausgenommen. Es bleiben keine Narben und auch das Gefühl bleibt erhalten. Der ganz normale MannHeute wird Ulli von Tag zu Tag männlicher und findet sich als Mann viel besser als eine Frau: „Weil ich das jetzt bin. Ich war kein Weib.“ Wenn er alte Photos von Ulrike anschaut, lächelt er: „Das war nicht ich. Ich wollte mit übertriebener Männlichkeit das kompensieren, was ich nicht habe.“ Jetzt hat Ulrich nur noch einen Wunsch: „Ich wünsche mir, dass ich als Mann nicht mehr auffalle. Ich wünsche mir nichts sehnlicher als Normalität!“ Ulrich sieht sich selbst als ganz normalen Mann mit transidentischer Vergangenheit: „Ich will nicht die Berufstranse sein.“ Die Transidentität war für ihn eine Problematik, dann eine Thematik und ist jetzt Vergangenheit: „Das geilste ist, wenn keiner weiß, dass ich eine Frau war, und ich als Mann nicht mehr auffalle.“ Typisch MannEin Interview über die Unterschiede zwischen den GeschlechternVon Tag zu Tag wird Ulrich männlicher. Denke Sie, dass es Gründe gibt, warum jemand transidentisch ist?Vielleicht hat sich die Mutter einen Sohn gewünscht, und dadurch hat das ungeborene Kind eine zusätzliche Hormondusche bekommen. Bei mir kam vielleicht noch hinzu, dass ich ohne Vater aufgewachsen bin. Ich habe dann die Männerrolle übernommen, wollte meiner Mutter immer helfen. Wie lebt es sich als Mann? Besser als als Frau?De facto ja. Jetzt werden mir nach meinen Möglichkeiten die Angebote gemacht. Ich bin auch mit meinem Körper zufriedener. Ich werde als das angesehen, was ich auch bin. Als Mann. Ich bin nicht mehr zerrissen von innerlichen Konflikten, habe einen Schritt zu mir selbst getan. Was sind die Unterschiede zwischen Mann und Frau?Ich kann jetzt nur von mir persönlich sprechen, Ich beziehe Kritik nicht mehr auf mich selbst. Bin sozusagen unsensibler geworden. Ich kann Liebe und Sex besser trennen. Der Trieb ist stärker geworden. Mehr kann ich noch nicht sagen. Was sind die Vorteile daran, ein Mann zu sein?Männer müssen nicht ordentlich sein. Zumindest hieß es immer ,Dafür kannst du dir eine Frau suchen´ Männer verdienen mehr Geld. Im Berufsleben müssten sich Frauen immer ein Türchen suchen. Das ist zum Beispiel eine Qualität, die ich nie hatte. Frauen haben es in Führungspositionen immer schwerer, werden schneller kritisiert. Sie suchen die Schuld eher bei sich. Das machen Männer nicht. Haben Sie alle Männerangewohnheiten angenommen? Oder haben Sie in manchen Dingen noch eine typisch weibliche Denkart?Schwer zu sagen. Männer verhalten sich teilweise wie Walrosse, wie die Elefanten im Porzellanladen. Sie zwängen sich zum Beispiel durch die Menge durch und das stört sie überhaupt nicht. Frauen dagegen gehen außen herum. So unachtsam gehe ich nicht mit Dingen, Menschen um. Ich achte mehr auf die anderen, achte mehr auf Dinge, Gegenstände, wie etwa Geschirr. Das sind sicherlich positive weibliche Angewohnheiten. Ich bin auch bewusster geworden, mache mir mehr Gedanken. Ich schätze die Kleinigkeiten im Leben, weil ich mein Leben so schön finde. Ich weiß allerdings nicht, ob das geschlechtsspezifisch ist. Ich denke aber, dass ich einen Vorteil gegenüber den biologischen Männern habe: Dadurch, dass ich mit Frauen als Frau befreundet war, kann ich die Gefühlswelt der Frauen besser nachvollziehen. Treue kann ich nachvollziehen. Ich weiß, was Frauen wichtig ist. Außerdem haben Frauen eine ganz andere Problembewältigung als Männer: Männer lösen Probleme mit dem Großhirn. Sie saufen mehr, schlägern eher. Frauen dagegen reden mehr. Viel mehr. Dass ich das alles weiß, ist ein Riesenvorteil für eine Partnerschaft. Wie fühlen Sie sich jetzt?Ich bin glücklich und froh, diesen Weg gegangen zu sein. Mein Speicherplatz im Gehirn war voll Müll. Jetzt habe ich diesen Müll weggemacht und bin damit einen großen Schritt vorangegangen.
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